Die Arbeitswelt erlebt tiefgreifende Veränderungen, u.a. durch die Digitalisierung der Arbeit. Veränderungen der Arbeitswelt sind durch Anforderungen, wie beispielsweise ständige Erreichbarkeit, Multitasking, Umlernen, technische Probleme und die Flexibilisierung von Ort und Zeit zu beobachten (Rau & Hoppe, 2020).1 Es finden ebenfalls Veränderungen in der Arbeitsorganisation durch vermehrte virtuelle Zusammenarbeit statt. Dies kann zu Informationsdefiziten (z.B. bzgl. Verfügbarkeiten, Verantwortlichkeiten, Fristen etc.), sozialer Distanz, Isolation, Vernachlässigung der Beziehungsebene, möglichen Missverständnissen etc. führen. Außerdem gibt es Veränderungen im Arbeitsinhalt durch die Interaktion des Menschen mit Maschinen („Menschen als Hilfskräfte in rechnergesteuerten technischen Prozessen“, Rau & Hoppe, 2020, S. 41).1 Damit verbunden sind veränderte kognitive Anforderungen (d.h. Denkleistungen, Beeinflussbarkeit von Prozessen, Lernmöglichkeiten und Kooperationserfordernisse verringern sich). Ebenso verändert sich der Tätigkeitsspielraum, inhaltliche und zeitliche Freiheitsgrade sind reduziert und Mehrarbeit/Überstunden treten auf (Rau & Hoppe, 2020).1
Der aktuelle Kenntnisstand über Erkrankungsrisiken durch psychische Belastungen, der beispielsweise in einem Review über insgesamt 54 Metaanalysen und Reviews (vgl. Rau & Buyken, 2015) zusammengefasst wurde, zeigt, dass es bestimmte Arbeitsbelastungen gibt, die zu Gesundheitsbeeinträchtigungen, wie Angststörungen, Panikstörungen, Depressionen, Diabetes oder kardiovaskulären Erkrankungen, führen können.2 Die neue Arbeitszeitbefragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) (2020) zum Thema Pendeln, Telearbeit, Dienstreisen, wechselnde und mobile Arbeitsorte ergab beispielsweise, dass Beschäftigte bei Telearbeit häufiger Überstunden leisten, sie sehr lange Arbeitszeiten und verkürzte Ruhezeiten haben, sie häufiger in der Freizeit berufsbezogen kontaktiert werden und häufiger auch am Wochenende arbeiten.3 Des Weiteren treten Beeinträchtigungen sozialer Beziehungen mit zunehmender Anzahl an Tagen auf, die in Telearbeit verbracht werden. Negative Effekte von Telearbeit auf Wohlbefinden und Gesundheit zeigen sich vor allem dann, wenn zusätzliche oder ungeregelte Arbeit (d.h. ohne Telearbeitsvereinbarung) geleistet werden muss.
Laut einer Studie der DAK (2021) haben sich die in Deutschland gemeldeten Krankheitstage aufgrund psychischer Erkrankungen innerhalb der letzten zehn Jahre um mehr als 50 Prozent erhöht (DAK-Psychreport, 2021).4 Die aktuelle COVID-19 Pandemie verändert das Arbeitsleben zusätzlich: Ständige Erreichbarkeit, Multitasking, Umlernen, technische Probleme und die Flexibilisierung von Ort und Zeit nehmen zu. Die psychischen Anforderungen und Belastungen im beruflichen Kontext verändern sich weiterhin und erfordern eine wissenschaftlich validierte Erfassung, die an die Bedürfnisse von Unternehmen angepasst ist.
Im Kontext der Interventionen räumt PsyGesA der Verhaltensprävention einen gesonderten Stellenwert zu. Dabei handelt es sich um eine Form der individuellen Gesundheitsprävention. Der Fokus liegt darin, Beschäftigte und Führungskräfte zum proaktiven Umgang mit gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen anzuregen und damit den Weg zu Verhaltensänderungen zu ebnen. Neben der Verhaltensprävention adressiert das Projekt PsyGesA auch die Verhältnisprävention. Aus diesem Grund wird die Entwicklung innovativer Maßnahmen sowie die Bereitstellung von Handlungsempfehlungen zur gesundheitsförderlichen Gestaltung von Arbeitsbedingungen, Arbeitsumgebungen und Arbeitsinhalten ebenfalls berücksichtigt.
1Rau, R., & Hoppe, J. (2020). Iga.Report 41. Neue Technologien und Digitalisierung in der Arbeitswelt. Erkenntnisse für die Prävention und Betriebliche Gesundheitsförderung. Dresden: Initiative Gesundheit und Arbeit.
2Rau, R., & Buyken, D. (2015). Der aktuelle Kenntnisstand über Erkrankungsrisiken durch psychische Arbeitsbelastungen: Ein systematisches Review über Metaanalysen und Reviews. Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 59, 113-129.
3Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2020). BAuA-Arbeitszeitbefragung: Pendeln, Telearbeit, Dienstreisen, wechselnde und mobile Arbeitsorte. Dortmund, Berlin, Dresden: BAuA.
4DAK-Psychreport. (2021). Psychreport 2021: Entwicklungen der psychischen Erkrankungen im Job: 2010-2020. https://www.dak.de/dak/download/report-2429408.pdf